Das Tal mit dem Wolf findet sich auf der geograpfischen Karte nicht unter diesem Namen. Von der Schwarzenegg, zwischen Thun und dem Schallenbergpass gelegen, geht es hinunter Richtung Zulg. Der ungestüme Bach, der aus dem Eriz Richtung Aare fliesst, hat dieses Tal in der Vergangenheit schon oft verändert. Waldflanken, besonnte kleine Wiesenflächen, Nagelfluhwände, aufgestaute Wasserläufe wechseln sich ab und geben dem engen Tal Gestalt.

Dort wo die Bienenvölker stehen, herrscht ein Mikroklima geprägt von einer grossen Waldlichtung. Mild, windstill, sonnig. Die Nacht ist dunkel, ruhig, mystisch, nur das Rauschen des nahen Baches ist zu vernehmen. Ausser in einer Nacht! Damals als die Bienen erst gerade an diesen Ort gekommen sind. Die Bienenstöcke waren platziert, das nötige Werkzeug wieder verstaut. Die dunkle Nacht hatte den Ort eingenommen, die Bienen waren ruhig auf ihren Waben. Urplötzlich und vermeintlich nah durchdrang ein Wolfsheulen die Nacht. Zweimal, dreimal. War es ein Wolf?

Ein Blick auf die Karte von Wolfssichtungen bestärkt die Vermutung. Dass der Imker den Ort „Tal mit dem Wolf“ nennt, beruht auf dem hier geschilderten Erlebnis aus einer Nacht im Mai 2021.

Haselsträucher blühen früh im Jahr, wilde Kirschen, Apfel- und Birnbäume prägen mit den zahlreichen Wiesenblumen den Frühling. Später fliegen die Bienen zu den Ahornbäumen und im Sommer holen sie sich Nektar und Pollen von den blühenden Brombeeren. Der Honig aus dem Tal mit dem Wolf zeichnet sich durch seine kräftig aromatische Note aus. Ist es die leicht rötliche Farbe des Honigs, welche die geheimnisvolle Mystik um das Wolfsgeheul bekräftigt?